Europa hat in der Vergangenheit hinter den USA zurückgelegen, wenn es um die Schaffung milliardenschwerer Technologieunternehmen ging. Doch die jüngste Dynamik in der Technologieentwicklung, insbesondere durch KI, bietet mit den richtigen Massnahmen Chancen: Deep Tech kann zum Motor von Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Souveränität werden. Der europäische Deep-Tech-Sektor wächst seit Jahren dynamisch. Der Anteil Europas am globalen Deep-Tech-Funding ist von 10 % auf 16 % gestiegen, und die Investitionen von Risikokapitalgebern (Venture Capital, VC) in Deep-Tech-Unternehmen haben sich seit 2019 fast verdreifacht – von rund 10 auf über 28 Milliarden Euro pro Jahr. Rund ein Fünftel aller europäischen VC-Mittel fliesst inzwischen in Deep-Tech-Unternehmen. Dennoch bleibt der Zugang zu privatem und öffentlichem Wachstumskapital, besonders in der Spätphase, eine zentrale Herausforderung.
Erfolgsfaktoren in der Schweiz: Neben Spätfinanzierung auch Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stark ausgeprägt
Mit einem Deep-Tech-Anteil von 28 % an den Gesamt-Start-up-Finanzierungen liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld. Besonders positiv fällt jedoch die Spätphasenfinanzierung auf: Hier erreicht die Schweiz einen Anteil von 30 % und übertrifft damit Länder wie das Vereinigte Königreich (16 %) und Deutschland (12 %). Allerdings bleibt sie hinter Schweden (74 %) und Frankreich (52 %) zurück.
Veit Kment, Partner bei McKinsey & Company und Leiter McKinsey Business Building Schweiz, betont: «Um langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, benötigt der Wirtschaftsstandort Schweiz Produktivitätswachstum. Die Innovationskraft von Start-ups ist vor diesem Hintergrund eine essenzielle Komponente. Für ein Ökosystem, in dem Jungunternehmen florieren können, sind softe Faktoren wie Zugang und Förderung von Talenten ebenso wichtig wie die harten Fakten, nämlich Bereitstellung von Finanzierung und Zugang zu Liquidität. Hier besteht Verbesserungspotenzial.»
Gemäss den Studienautoren ist eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung, Kapitalgebern und Industrie nötig, um technologische Durchbrüche schneller in marktfähige Produkte und industrielle Anwendungen zu überführen. In der Schweiz ist die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bereits ein zentraler Erfolgsfaktor für Innovationen in der Schweiz. Universitäten und Hochschulen agieren als Technologietransferstellen und arbeiten mit der Industrie zusammen, um Forschung in marktfähige Produkte umzuwandeln. Die Schweiz hat das Potenzial, eine führende Rolle im europäischen Deep-Tech-Ökosystem einzunehmen, muss jedoch strukturelle Schwächen angehen.
Corinna Leist, Associate Partnerin McKinsey Business Building Schweiz, betont: «Die beschleunigte Technologieentwicklung, insbesondere durch KI, eröffnet die Möglichkeit, um durch Investitionen in Deep-Tech-Unternehmen regionales Wirtschaftswachstum und langfristigen Wohlstand zu schaffen. Die Schweiz sollte die Chance nicht verpassen, ihren Beitrag zur Deep Tech Factory diesseits des Atlantiks zu leisten.»
Europa kann seine Deep-Tech-Leistung verdreifachen
Europa könnte seine Deep-Tech-Leistung nämlich verdreifachen, wenn alle Länder das Investitionsniveau von Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich erreichen würden. Das in Deep-Tech-Ventures investierte Risikokapital hat sich europaweit zwischen 2015 und 2024 verfünffacht. Allerdings stammt ein Grossteil des Kapitals weiterhin von ausserhalb Europas, was die Notwendigkeit unterstreicht, lokale Finanzierungsquellen auszubauen. Bedingt durch einen besseren Zugang zu Spätphasen-Kapital, grössere Absatzmärkte und günstigere Rahmenbedingungen verlagern viele der wachstumsstarken europäischen Deep-Tech-Unternehmen zentrale Aktivitäten in der Scale-up-Phase in die USA. Diese Dynamik ist teilweise auch in der Schweiz zu beobachten.
Erfolgsfaktoren: Kapital, Regulierung und Forschungstransfer
Die McKinsey-Studie identifiziert auf europäischer Ebene drei entscheidende Hebel, um das Potenzial von Deep Tech in Europa zu realisieren:
- Mehr privates und öffentliches Wachstumskapital: Insbesondere in der Spätphase müssen europäische Kapitalgeber stärker eingebunden werden, um die Abhängigkeit von ausländischen Investoren zu reduzieren.
- Bessere Skalierungsbedingungen: Vereinfachte Regulierung, steuerliche Anreize und schnellere Förderprozesse sind notwendig, um Startups in der Wachstumsphase zu unterstützen.
- Stärkere Forschungstransfers und Innovationsnetzwerke: Die Verknüpfung von Talenten, Forschungseinrichtungen und Industrie ist essenziell, um technologische Durchbrüche schneller in marktfähige Produkte und industrielle Anwendungen zu überführen.
Die gesamte Studie «Europe’s deep-tech engine could spur $1 trillion in economic growth» ist abrufbar unter diesem Link.
Über McKinsey
McKinsey ist eine weltweit tätige Unternehmensberatung, die Organisationen dabei unterstützt, nachhaltiges, integratives Wachstum zu erzielen. Wir arbeiten mit Klienten aus dem privaten, öffentlichen und sozialen Sektor zusammen, um komplexe Probleme zu lösen und positive Veränderungen für alle Beteiligten zu schaffen. Wir kombinieren mutige Strategien und transformative Technologien, um Unternehmen dabei zu helfen, Innovationen nachhaltiger zu gestalten, dauerhafte Leistungssteigerungen zu erzielen und Belegschaften aufzubauen, die für diese und die nächste Generation erfolgreich sein werden. In der Schweiz hat McKinsey Büros in Zürich und Genf. Weltweit arbeiten McKinsey-Teams in mehr als 130 Städten und 65 Ländern. Gegründet wurde McKinsey 1926, die erste Schweizer Niederlassung öffnete 1961. Globaler Managing Partner ist seit 2021 Bob Sternfels. Managing Partner für die Schweiz ist seit 2022 Michael Steinmann.
Kontakt für Medienschaffende
Yannick Orto, Head of Communications Switzerland
Telefon +41 79 477 8777
E-Mail: yannick_orto@mckinsey.com
www.mckinsey.ch