Über die Hälfte aller Tätigkeiten technisch automatisierbar, aber Menschen bleiben weiterhin an vielen Stellen unverzichtbar. Nachfrage nach „AI Fluency" hat sich in zwei Jahren versiebenfacht – sie gilt inzwischen als am schnellsten wachsende Fähigkeit.
Welchen Anteil können Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik in der heutigen Arbeitswelt bereits übernehmen? Die neue Studie des McKinsey Global Institute (MGI) mit dem Titel „Agents, robots, and us: Skill partnerships in the age of AI“ liefert darauf eine klare Antwort: 57% der heutigen Arbeitsstunden in den USA sind technisch gesehen bereits automatisierbar. Dies muss jedoch nicht zu einem massiven Wegfall von Arbeitsplätzen führen, sondern vielmehr zu einer Neudefinition von Rollen und Fähigkeiten sowie einer grundlegenden Veränderung der Arbeitswelt durch KI und Robotik. Das Fazit der Studie: Es wird eine neue Ära der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine eingeläutet.
Obwohl die Studie den US-Markt analysiert, liefert sie auch wichtige Erkenntnisse für Europa und Deutschland. „Angesichts des akuten Fachkräftemangels, des steigenden Produktivitätsdrucks und des wachsenden Einflusses von KI-Systemen in Industrie und Verwaltung steht auch die deutsche Wirtschaft vor der Herausforderung, diese Transformation aktiv zu gestalten,“ sagt Sandra Durth, Partnerin bei McKinsey & Company in Köln.
„Gerade bei Investitionen in AI Fluency und der Neugestaltung von Arbeitsprozessen besteht noch erheblicher Nachholbedarf“, sagt Durth. AI Fluency bedeutet, Kompetenz im Umgang mit KI zu erwerben – dazu zählen sowohl die Anwendung von KI-Tools als auch das effektive Management hybrider Teams und die Einschätzung von Risiken.
Die wichtigsten Erkenntnisse der MGI-Studie im Überblick:
- Partnerschaft statt Verdrängung: KI wird künftig die Zusammenarbeit von Menschen, Agenten und Robotern prägen. Über die Hälfte aller US-Arbeitsstunden könnten theorethisch automatisiert werden. Der Wandel erfolgt schrittweise: Manche Jobs verschwinden, andere verändern sich oder entstehen neu.
- Beständigkeit menschlicher Fähigkeiten: Die meisten der aktuell genutzten Fähigkeiten bleiben erhalten, auch wenn sich ihre Anwendung verändert. Mehr als 70 Prozent der heute wichtigen Kompetenzen werden sowohl in automatisierbaren als auch in nicht-automatisierbaren Aufgaben eingesetzt. Das bedeutet: Die Relevanz bleibt, doch Einsatzbereiche wandeln sich.
- „Skill Change Index": Der neue „Skill Change Index" des MGI zeigt, welche Fähigkeiten in den nächsten fünf Jahren am stärksten und am wenigsten von Automatisierung beeinflusst werden. Vor allem digitale und informationsverarbeitende Fähigkeiten dürften deutliche Veränderungen erfahren, während assistierende und pflegerische Fertigkeiten voraussichtlich weitgehend stabil bleiben.
- Explosive Nachfrage nach „AI Fluency": Die Nachfrage nach „AI Fluency" ist in US-Stellenanzeigen in zwei Jahren um das Siebenfache gestiegen, schneller als bei jeder anderen Fähigkeit. Diese Entwicklungzeigt sich branchenweit und deutet auf größere Veränderungen hin.
Großes wirtschaftliches Potenzial: Bis 2030 könnten KI, Robotik und Automatisierung in den USA rund 2,9 Billionen US-Dollar an wirtschaftlichem Wert (Economic Value) schaffen – vorausgesetzt, Unternehmen passen ihre Prozesse entsprechend an. Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, aktiv in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren und eine Kultur der Mensch-Maschine-Kollaboration zu fördern. Nur so kann das volle Potenzial der neuen Technologien ausgeschöpft werden.