Banken können Profitabilität weiter steigern – aber Finanzbranche wächst vor allem außerhalb traditioneller Institute

Banken können Profitabilität weiter steigern – aber Finanzbranche wächst vor allem außerhalb traditioneller Institute

■ McKinsey-Studie: Durchschnittliche Eigenkapitalrendite weltweiter Banken steigt 2023 auf 13%; deutsche Banken legen auf 5,4% zu
■ Wachsende Bedeutung außerbilanzieller Finanzierungs- und Anlageinstrumente: Nur jeder vierte Euro (23%) in Europa landet noch in Bankbilanzen
■ Intensiver Wettbewerb: Klassische Banken werden vielfach von Spezialisten überholt, zunehmend auch im klassischen Bilanzgeschäft

Die Banken weltweit profitieren weiter von den steigenden Zinsen. 2023 wird die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der Bankenbranche voraussichtlich bei 13% liegen – ein weiterer Anstieg gegenüber 12% im Vorjahr und deutlich höher als der langfristige Durchschnitt von 9% seit 2010. Insbesondere aufgrund der höheren Zinsmargen wird sich der Gewinn des Sektors 2023 global auf voraussichtlich 1,4 Billionen US-Dollar belaufen, was eine Verdoppelung seit 2017 darstellt. Dabei erwirtschafteten die Institute 2022 Rekorderträge in Höhe von insgesamt 6,8 Billionen US-Dollar.

Dadurch erhöht sich auch die durchschnittliche Kernkapitalquote der Geldhäuser, die mit einem Wert von 13,8% ein Zehn-Jahres-Hoch erreichte. Dies geht aus dem aktuellen „Global Banking Annual Review“ der Unternehmensberatung McKinsey & Company hervor. Die Eigenkapitalrendite deutscher Banken wird 2023 mit über 5,4% ebenfalls leicht über dem Vorjahr liegen, aber weiter unter dem europäischen Durschnitt mit 7% und deutlich unter dem globalen Mittel.

„Die positive Entwicklung bei der Profitabilität der Banken weltweit hält auch in diesem Jahr an und die Institute können ihre Gewinne weiter ausbauen“, sagt Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey in Deutschland und Österreich. „Auch wenn die deutschen Banken die Lücke zum globalen Durchschnitt nicht verringern können, verzeichnen sie ebenfalls einen Anstieg ihrer Profitabilität. Mit Blick auf die wirtschaftliche Unsicherheit, sinkende Zinsmargen und neue Wettbewerber müssen die Banken weiter in die Digitalisierung und innovative Strategien investieren, um auch künftig erfolgreich zu sein.“

Denn zumindest bei der Zinsmarge könnte in diesem Jahr ein vorläufiger Höhepunkt erreicht worden sein. Sie liegt 2023 in Deutschland im Durchschnitt bei 66 Basispunkten und könnte ab dem kommenden Jahr wieder zurückgehen auf 56 Basispunkte 2026. Und auch am Kapitalmarkt bleibt die Bewertungslücke bei den Banken bestehen. So ist das durchschnittliche Kurs-Buch-Verhältnis der Studie zufolge mit 0,9 im Jahr 2022 seit der Finanzkrise 2008 konstant niedrig geblieben – trotz der zuletzt guten Ergebnisse. „Banken werden im Schnitt 70% niedriger bewertet als Unternehmen in anderen Branchen, während Finanzspezialisten wie Börsen, Asset Manager oder Payment-Anbieter im Durchschnitt liegen“, sagt Reinhard Höll, Partner bei McKinsey und einer der Autoren der Studie. „Die Bewertungen an den Börsen spiegeln wider, dass das Wachstum in der Finanzbranche vor allem außerhalb der traditionellen Institute stattfindet. Zugleich zeigen sie aber auch das enorme Potenzial, wenn es gelingt, zukunftssichere Strategien zu entwickeln.“


Verlagerung von Vermögenswerten und Transaktionen verändert Finanzwelt

Eine zentrale Entwicklung, die die Finanzwelt kontinuierlich verändert und die Institute vor Herausforderungen stellt, ist der Studie zufolge die zunehmende Bedeutung von außerbilanziellen Finanzierungs- und Anlageinstrumenten. Beispiele hierfür sind die Umschichtung von Bankeinlagen in Geldmarktfonds, direkte Finanzierungen von Pensionsfonds oder das starke Wachstum von Private Equity. So gingen zwischen 2015 und 2022 mehr als 70 Prozent der weltweiten Nettozuflüsse an Finanzmitteln nicht in die Bankbilanzen. Sowohl in den USA (21%) als auch in Europa (23%) landet nur noch jeder vierte Euro in den Bilanzen der Banken.

Parallel dazu findet auch eine Verschiebung der Markanteile bei Transaktionen von den klassischen Banken hin zu neuen Anbietern wie beispielsweise Payment-Spezialisten, Brokern, eigenständigen Wealth und Asset Managern oder Fintechs statt. So haben etwa im Zahlungsverkehr die Spezialisten ihren Marktanteil gegenüber den klassischen Banken über die vergangenen Jahre auf 55% 2022 ausgebaut. Auch im Kapitalmarktgeschäft gewinnen spezialisierte Investmentbanken und Broker bei verschiedenen Produkten Marktanteile von klassischen Banken. Bei Eigenkapitaltransaktionen konnten sie ihren Marktanteil zwischen 2015 und 2022 etwa von 44% auf 59% steigern. Und auch im Wealth und Asset Management setzen sich unabhängige Anbieter, die sich nicht im Besitz einer Bank oder eines Versicherers befinden, immer stärker durch. Sie hatten 2022 bei den verwalteten Vermögen einen Marktanteil von 81 Prozent gegenüber 77 Prozent im Jahr 2017. Durch Trends wie „Embedded Finance“, also integrierte Finanzdienstleistungen, dürfte sich diese Entwicklung künftig weiter fortsetzten.

„Die Verschiebungen in der Finanzindustrie erfordern von den klassischen Banken eine Strategie, wie sie langfristig profitabel wachsen können“, sagt Eckart Windhagen, Senior Partner bei McKinsey und Co-Autor der Studie. „Innovationen werden dabei eine entscheidende Rolle spielen. Dazu gehören die Nutzung von künstlicher Intelligenz sowohl in neuen Produkt- und Serviceangeboten als auch für deutliche Effizienzsteigerungen, die Flexibilisierung der Bilanz sowie die Entwicklung von Partnerschaften und auch strategische Portfolioentscheidungen mit einer Verlagerung von Ressourcen und aktivem M&A in Zukunftsfeldern.“

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